Entstehung von Honigtau

Honigtauhonige sind Sortenhonige, die in einigen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland, seitens der Verbraucher sehr geschätzt sind und daher relativ hohe Preise erzielen. Honigtau ist eine zuckerhaltige Ausscheidung von an Pflanzen saugenden Insekten. Honigtauhonige unterscheiden sich von den meisten Blütenhonigen durch: dunkle Farbe (rotbraun bis dunkelbraun), kräftiges, würzig-malziges Aroma, höhere elektrische Leitfähigkeit, geringere Gehalte an Fructose und Glucose, deutlich höhere Anteile an höhermolekularen Zuckern sowie mikroskopisch sichtbare Honigtauelemente (s.u. Graphiken und mikroskopische Aufnahmen).

Honigtauproduzenten

Die Honigtauproduzenten gehören zur Insektengruppe Hemiptera. Für die Honigproduktion bedeutsame Honigtauerzeuger sind z.B. die Ordnung der Coccina (Schildläuse, insbesondere Lecanien), Aphidina (Blattläuse, insbesondere Rindenläuse = Lachniden und Zierläuse) sowie Auchenorrhyncha (Zikaden), da diese unter gegebenen Umständen ausreichend Honigtau erzeugen. Viele Pflanzenläuse bleiben auf einer Wirtspflanzenart und sind hier auch an bestimmten Stellen zu finden. Im Jahreszyklus entwickelt sich nach dem Winter aus den Überwinterungsformen (je nach Art Eier oder Larven) die nächste Generation. Es folgen mehrere Generationen vom Frühjahr bis zum Herbst, die zu einem dramatischen Anstieg der Gesamtpopulation führen können (sexuelle und vor allem parthenogenetische Vermehrung um das Millionenfache in einem Jahr). Physiologie von Läusen und Wirtspflanzen (Nahrungsangebot), Feinde (z.B. Marienkäferlarven, Wespen) und Witterungsverlauf (insbesondere Temperaturverlauf, starke Regenfälle) beeinflussen die Populationsentwicklung der Läuse. Die Honigtauproduktion eines Areals ist sehr stark von der Populationsentwicklung abhängig. Je nach Pflanzenlaus findet die maximale Honigtauproduktion zu einer bestimmten Zeit im Jahr statt.

Honigtauproduktion

Neben Blütennektar ist Honigtau ein weiterer zuckerhaltiger Rohstoff, aus dem Bienen Honig produzieren. Als Honigtau bezeichnet man die Ausscheidungen von an Pflanzen saugenden Insekten. Die Honigtauerzeuger stechen das Phloem (Siebröhren) von Pflanzen (Gräser, Kräuter, Sträucher, Bäume) an und nehmen den Phloemsaft (Siebröhrensaft) auf. Die Insekten müssen hierbei aufgrund des Drucks im Phloem nicht unbedingt saugen, sondern nur trinken. Sie werden daher auch Phloembibitoren (Siebröhrensafttrinker) genannt. In den Siebröhren transportieren die Pflanzen die durch Photosynthese und weitere Stoffwechselprozesse produzierten Zucker, Peptide sowie viele weitere wichtige Stoffe. Der nährstoffhaltige Siebröhrensaft dient der Ernährung der Honigtauerzeuger. Die Nährstoffe liegen in sehr unterschiedlichen Konzentrationen vor. Der Siebröhrensaft weist sehr viel Wasser und Zucker und in deutlich geringeren Mengen stickstoffhaltige Verbindungen auf. Einige Lausarten können niedermolekulare bzw. hydrophile Substanzen wie Wasser und Zucker, die im Überfluss vorhanden sind, über eine so genannte Filterkammer vom Vorderdarm direkt in den vorderen Teil des Hinterdarms überführen und schnell ausscheiden. Während für die Ernährung besonders wichtige höher molekulare, insbesondere stickstoffhaltige Substanzen den gesamten Darm passieren und so resorbiert werden können. Der Siebröhrensaft wird bei der Darmpassage in den Honigtauerzeugern durch deren Speichel- und Verdauungsenzyme sowie die im Darm dieser Tiere lebenden Mikroorganismen (Endosymbionten) verändert. Die Endosymbionten sind für die Produktion wichtiger Nährstoffe (z.B. essentielle Aminosäuren, Vitamine) wichtig.

Honigtautropfen an der Fichte (Honigtauerzeuger Physokermes hermicryphus)

Der zuckerhaltige, flüssige Honigtau wird rektal ausgeschieden. Der ausgeschiedene Honigtautropfen bleibt am Körper des Insektes hängen (z.B. Napfschildläuse = Lecanien) oder wird abgespritzt (z.B. Lindenzierlaus = Eucallipterus tiliae). Bei letzterer Abgabe befindet sich der Honigtau dann auf den sich darunter befindenden Flächen wie Blättern.

Honigtau

Je nach Honigtauerzeuger ist die Zuckerzusammensetzung unterschiedlich. Weitere äußere Faktoren (Wirtspflanzenphysiologie) beeinflussen wahrscheinlich ebenfalls die Honigtauzusammensetzung. Die Zuckerkonzentration von Honigtau ist im Vergleich zu Nektar hoch (60 bis 95 %). Dies liegt primär daran, dass der ausgeschiedene Honigtau sehr schnell durch Verdunstung eingedickt wird. Hauptzucker im Honigtau sind Saccharose (= Rohrzucker), Fructose (= Fruchtzucker) und Glucose (= Traubenzucker). Folgende Zucker kommen ebenfalls vor: Maltose, Trehalose, Melezitose, Raffinose sowie weitere Oligosaccharide. Neben den Zuckern und Wasser sind im Honigtau auch Aminosäuren, Mineralstoffe, Spurenelemente, Ameisensäure, Zitronensäure und andere Inhaltsstoffe wie z.B. Vitamine enthalten. Der Honigtau ist wasserklar (Photo s.o.). Für die Braunfärbung des Honigtauhonigs sind Reaktionen von Zuckern mit Säuren und insbesondere Aminosäuren des Honigs sowie eventuell enzymatische Reaktionen verantwortlich.

Eine Besonderheit sind Exkrete an den Früchten von Eichen. Dieser Honigtau wird offensichtlich nicht von Insekten produziert. In einigen Eichenwäldern Kroatiens und Bulgariens werden unter bestimmten klimatischen Bedingungen diese Exkrete an Eichen (Quercus conferta) ausgeschieden (Photo s.u.), von Bienen gesammelt und zu einem dunklen Honig umgearbeitet. Unter den Besonderheiten ist auch der perlmuttartig schimmernde Honigtau von Tannen (Abies cephalonica) aus Griechenland erwähnenswert (Photo s.u.). Dieser Honigtau weist sehr hohe Raffinosegehalte auf.

Honigtau wird nicht nur von Honigbienen als Rohstoff für die Honigproduktion gesammelt, sondern ist auch eine begehrte Nahrung für Wespen und vor allem Ameisen.

Honigproduktion

Bienen befliegen zahlreiche Trachtquellen im Umkreis des Bienenvolkes, um Nektar und auch Honigtau für die Produktion von Honig einzutragen. Honigbienen sind blütenstet, d.h., eine Biene besucht während eines Ausfluges nur Blüten derselben Pflanzenart. Sofern die angesteuerten Pflanzen genügend Sammelgut offerieren und weiterhin attraktiv genug sind, bleibt die Biene auch bei den weiteren Flügen dieser Pflanzenart treu. Dies gilt auch bei entsprechenden Honigtautrachten. Neben der Blütenstetigkeit (Artstetigkeit) sind Sammelbienen auch ortsstet. Erfolgreiche Sammelbienen rekrutieren mittels ihres Kommunikationssystems „Tanzsprache“ weitere Bienen, welche ebenfalls die auserwählte Trachtquelle anfliegen. Herrscht in dem Flugareal eine Pflanzenart stark vor, kann das Ergebnis aufgrund des Trachtangebotes sowie des oben beschriebenen Sammelverhaltens der Bienen ein Sortenhonig sein.

Aus dem eingetragenen Honigtau (bei Honigtau im Mittel 35 mg / Honigblasenfüllung und Trachtflug) produzieren die Bienen Honig. Einige Inhaltsstoffe bleiben bei der Umwandlung zum Honig erhalten und sind charakteristisch für die botanische Herkunft des Honigs. Bei der Verarbeitung durch die Bienen wird Wasser entzogen (Trocknung) und bieneneigene Sekrete werden zugesetzt. Bei den Sekreten handelt es sich um Enzyme aus der Futtersaftdrüse, die vor allem das ursprüngliche Zuckerspektrum der Rohstoffe umwandeln. Insbesondere Saccharose wird in Fructose und Glucose abgebaut. Durch Transglucosidierungen entstehen weitere Zucker wie z.B. Turanose. Trotz dieser Umwandlung bleibt das Zuckerspektrum des jeweiligen Honigs charakteristisch für die Rohstoffquelle. Honigtauhonige bleiben aufgrund des niedrigen Glucosegehaltes eher flüssig.

Honigtauhonige verschiedener Lausarten- bzw. Pflanzenherkünfte unterscheiden sich ferner bzgl. Mineralstoffgehalt, Aromastoffen sowie Farbe. Zwar kommt es auch hier bei der Verarbeitung der Rohstoffe zu Honig durch die Bienen zu Veränderungen, aber Charakteristika bleiben erhalten. So haben Honigtauhonige nicht nur charakteristische, mikroskopisch sichtbare Honigtauelemente (s.u.), sondern sind auch sortentypisch bzgl. der Parameter elektrische Leitfähigkeit (Mineralstoffgehalt), Aroma (Geruch und Geschmack) und Farbe.

Die nachfolgenden Graphiken sind Auszüge aus der Datenbank des LAVES Institut für Bienenkunde Celle mit über 4000 Sortenhonig-Datensätzen.

Definition Honigtauhonig

Die EU-Richtlinie für Honig (2001/110/EG) ist mit der deutschen Honigverordnung von 2004 in deutsches Recht umgesetzt worden. Für Honig sind nach §3 (3) 1 der Honigverordnung Verkehrsbezeichnungen nach der botanischen Herkunft des Honigs möglich, wenn der Honig „vollständig oder überwiegend der angegebenen Pflanze entstammt und die entsprechenden organoleptischen, physikalisch-chemischen und mikroskopischen Merkmale aufweist“. In Verbindung mit §3 ist nach Anlage1, Abschnitt II für Honig die Verkehrsbezeichnung Honigtauhonig möglich, sofern er „vollständig oder überwiegend aus auf lebenden Pflanzenteilen befindlichen Exkreten von an Pflanzen saugenden Insekten oder aus Sekreten lebender Pflanzenteile stammt“.

Eine weitere Differenzierung ist möglich, wenn auch die Anforderungen betreffend der Pflanzenart erfüllt werden so z.B. Fichten-, Tannen-, Pinienhonig. In Italien und Slowenien ernten Imker Honig, der den Exkreten von Metcalfa pruinosa entstammt. Diese Zikade, deren Ursprungsheimat Amerika ist, befällt zahlreiche verschiedene Pflanzenarten. Eine Zuordnung zu einer Wirtspflanzenart ist somit nicht möglich. Dies hat dazu geführt, dass im Widerspruch zur Richtlinie für Honig bei diesem Metcalfahonig eine zoologische anstelle einer botanischen Herkunft deklariert wird. In Deutschland ist für Honigtauhonige der Begriff Waldhonig üblich. Die EU-Kommission hat in einer offiziellen Erklärung (EC – Expl. 61913Oct2005) dieser Bezeichnung zugestimmt, sofern es sich um einen Honigtauhonig handelt, der ausschließlich aus dem Wald entstammt.

 

Forschungsarbeit zur Charakterisierung von Honigtauhonigen

In der Sortenhonig-Datenbank des LAVES Institut für Bienenkunde Celle (über 4000 Datensätze) sind auch hunderte von Datensätzen zu Honigtauhonigen vorhanden. Im Rahmen einer Kooperation innerhalb der International Honey Commission wurden weitere 70 authentische Honigtauhonige aus mehreren europäischen Ländern sowie Nepal und Brasilien untersucht. Die Proben wurden dem Bieneninstitut Celle von Mitgliedern der International Honey Commission zugesandt. Die Honige ließen sich basierend auf den persen Untersuchungskriterien Sensorik, mikroskopische Analyse, Zuckerspektrum sowie elektrische Leitfähigkeit u.a. nach den Sorten Fichten-, Tannen-, Pinien-, Eichen-, Metcalfahonige unterscheiden. Für die Differenzierung sind alle oben genannten Parameter notwendig. Hierzu zählen insbesondere auch Zucker wie Melezitose, Raffinose und L2. L1 und L2 wurden erstmals vom Bieneninstitut Celle beschrieben (Apidologie 27, 1996: 270-272). L2 ist in zahlreichen Honigtauarten und L1 nur im Honigtau von Lecanien enthalten. Melezitose, Raffinose und L2 sind in Fichten- und Tannenhonigen wesentlich stärker vertreten als in den anderen Honigtauhonigen. Raffinose tritt in Fichtenhonigen in größeren Mengen auf als in Tannenhonigen und L2 in Tannen- stärker als in Fichtenhonigen.

Auch bei der mikroskopischen Analyse von Honigtauelementen des Honigsedimentes wie Pilzsporen, Algen, kristalliner Masse, Wachsröhren und -wolle sind Unterschiede zu verzeichnen (Photos s.u.). Eichen- und Metcalfahonige haben extrem viel kristalline Masse. In Fichtenhonigen befinden sich viel Wachsröhren und – wolle und in Pinienhonigen besonders viel Wachswolle. Weiterhin konnten auch bei den sensorischen Analysen deutliche Unterschiede zwischen den Sorten festgestellt werden. Diese Ergebnisse sind insbesondere darum bemerkenswert, da Honigtausortenhonige wie z.B. Tannenhonig aus unterschiedlichen europäischen Regionen durchgängig gleiche charakteristische Eigenschaften aufweisen. Aufgrund dieser Ergebnisse sollen nun von der International Honey Commission aus persen europäischen Laboratorien Daten zu Honigtauhonigen zusammengetragen und für eine Publikation aufbereitet werden.

Mikroskopische Aufnahmen von Honigtauelementen aus dem wasserunlöslichen Honigsediment (Vergrößerung 400fach)

Quelle: LAVES Niedersachsen

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