Die Waldtracht

Waldtracht ist faszinierend – und unberechenbar. Anders als viele Blütentrachten entsteht Honigtauhonig nur dann, wenn mehrere Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind. Diese Seite bietet dir einen kompakten Einstieg und führt dich zu den zentralen Bereichen: Entstehung, Beobachtung und Prognose.

Wann ernten wir Honigtauhonig?

• wenn sich ein Massenbefall bienenwirtschaftlich relevanter Honigtauerzeuger aufgebaut hat,
• wenn während dieser Phase die Witterung die Nutzung der Honigtautracht erlaubt,
• und wenn die Tracht rechtzeitig mit leistungsstarken Bienenvölkern angewandert wird.

Erst wenn alle drei Punkte zusammenkommen, sind nennenswerte Erträge an Honigtauhonig realistisch.

Waldtracht erfordert Erfahrung

Der Wald honigt nicht jedes Jahr – sein bloßes Vorhandensein genügt nicht. Eine Wald- und Tannentracht im Sommer kommt nur zustande, wenn sich vorher die bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeuger in Massen vermehrt haben, sodass genügend Honigtau anfällt. Zusätzlich muss das Wetter stimmen, damit die Honigtautracht von den Bienen (und ihren Haltern) genutzt werden kann.

Wer Erfolg (= viel Honig) haben will, muss seine Völker so führen, dass sie dann, wenn Nektar und Honigtau fließen, leistungsstark sind (und bleiben) – und vorher dafür sorgen, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Platz stehen. Deshalb ist neben der Völkerführung auch die Beobachtung der Tracht eine zentrale Voraussetzung für ihre optimale Nutzung.

Regionale Unterschiede der Waldtracht

Über die Hälfte der Imker Deutschlands sind südlich des Mains zu Hause. Ein Grund dürfte darin liegen, dass in den Tannen- und Fichtenwäldern Süddeutschlands dunkle Honigtauhonige geerntet werden können, die wegen ihres würzigen Geschmacks sehr begehrt sind und sich gut und teuer verkaufen lassen – auch deshalb, weil in der Regel die Nachfrage das Angebot übersteigt und es wenig ausländische Konkurrenz gibt.

Waldtracht und Blütentracht – zwei unterschiedliche Welten

Neben dem Wald sind in Baden-Württemberg Obst, Löwenzahn und vor allem Raps bedeutende Trachtquellen. Aus der Blütentracht sind unter günstigen Bedingungen Erträge bis zu 50 kg Honig pro Volk möglich – allerdings nicht überall. Wie bei der Honigtautracht ist auch bei der Nektartracht die Honigleistung eines Bienenvolkes stark vom Standort abhängig.

So ist der Honigertrag aus der Rapstracht auf den fruchtbaren Fildern vor den Toren Stuttgarts in der Regel eher bescheiden. Der Imker kann ein Mehrfaches an Rapshonig ernten, wenn er mit seinen Völkern die Rapsfelder auf der Schwäbischen Alb anwandert.

Beobachtung ist der Schlüssel

Die systematische Beobachtung der Tracht hilft, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und fundierte Entscheidungen zu treffen – etwa zur Wanderung, zur Einschätzung der Trachtstärke oder zur Frage, wann eine Nutzung realistisch ist.

Nebenbei wird so bei betroffenen Kulturpflanzen der Ertrag durch Bestäubung unentgeltlich gesichert. Honigbienen haben in dieser Beziehung ihren wild lebenden Verwandten (Hummeln und Solitärbienen) einiges voraus: Sie sind bereits im Frühjahr in großer Zahl vorhanden, weil sie als einzige Bienenart in Volksstärke überwintern.

Die Waldtracht nach Dr. Gerhard Liebig

Diese Website orientiert sich inhaltlich an den Arbeiten von Dr. Gerhard Liebig, insbesondere am Standardwerk „Die Waldtracht“. Ziel ist es, die Grundlagen verständlich aufzubereiten und die praktische Beobachtung und Nutzung der Waldtracht zu unterstützen.

Weiterführende Inhalte

• Entstehung der Waldtracht: Grundlagen, Honigtau und Voraussetzungen
• Beobachtung: Honigtauerzeuger erkennen, Entwicklungen bewerten
• Prognose: Signale richtig deuten und Entscheidungen ableiten
• Honigtauerzeuger: Arten, Merkmale und Praxis

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